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02.12.2022

Außerklinische Intensivpflege zukünftig als eigenständige Versorgungsform

Mit Verabschiedung der neuen AKI-Richtlinie ( https://www.g-ba.de/richtlinien/123/ ) ist die außerklinische Intensivpflege zukünftig nicht mehr über die Häusliche-Krankenpflege verordnungsfähig.

Zur Umsetzung dieser Richtlinie wird eine enge Zusammenarbeit von Leistungserbringern aus mindestens 3 Gruppen zur Versorgung Schwerstkranker, meist beatmeter Patienten, erforderlich: Zunächst ein(e) Arzt/Ärztin aus einer definierte Gruppe zur Potentialerhebung berechtigter Ärzte/Ärztinnen bezüglich einer möglichen Beatmungsentwöhnung und Trachealkanülen-Entfernung. Diese Gruppe benötigt dazu eine Genehmigung durch die Kassenärztlichen Vereinigung. Des Weiteren ein(e) Arzt/Ärztin aus einer zweiten ebenfalls definierten Gruppe von Ärzten zur Verordnung und Betreuung der Intensivpflichtigen. Diese Gruppe benötigt, mit Ausnahme der Hausärzte und hausärztlichen Internisten, keine Genehmigung. Sowie letztendlich die Pflegekraft aus der Gruppe der Pflegenden, die besondere Kenntnisse im Bereich der Intensivpflege vorweisen müssen.


Die Kernaussagen der AK-Richtlinie:

Vorbemerkung zur Richtlinie und deren Grundsätze

Verordnungen von außerklinischer Intensivpflege sind ab dem 1. Januar 2023 gemäß der Richtlinie über die Verordnung von außerklinischer Intensivpflege (AKI-RL) auszustellen.

Die Häusliche-Krankenpflege-Richtlinie (HKP-RL) wurde um Leistungen der außerklinischen Intensivpflege bereinigt und es wurde eine Übergangsregelung zur Verordnung getroffen.

Übergangsregelung

Um eine nahtlose Patientenversorgung zu gewährleisten, darf die außerklinische Intensivpflege bis zum 30. Oktober 2023 weiterhin wie gewohnt ohne Potentialerhebung auf Formular 12 für die häusliche Krankenpflege verordnet werden. In diesem Fall können die neuen EBM-Leistungen nicht abgerechnet werden. Die Abrechnung ist erst möglich, wenn die Verordnung nach der neuen Richtlinie erfolgt.

Formulare 62A-C

Die Einführung der Formulare 62B und 62C erfolgt zum Stichtag 1. Januar 2023.

Das neue Formular 62A ist dafür vorgesehen, das Ergebnis der Potenzialerhebung zu dokumentieren, die vor der Verordnung durch hierfür besonders qualifizierte Ärzte erfolgt. Formular 62A kann bereits vor dem 1. Januar 2023 genutzt werden, damit die Potentialerhebung bereits vor dem 1. Januar 2023 erfolgen kann. Formular 62B ist für die Verordnung zu verwenden und Formular 62C für den Behandlungsplan, der jeder Verordnung beizulegen ist.

Die Muster-Formulare sowie die Vordruckerläuterungen finden Sie unter https://www.kbv.de/html/60923.php

Die Formulare sind über den Paul Albrecht Verlag zu beziehen oder werden für den Blankoformulardruck von den Softwareherstellern zur Einbindung in die Praxisverwaltungssysteme bereitgestellt.


Anspruchsvoraussetzungen (§1)

  • Anspruch haben Versicherte mit besonders hohem Bedarf an medizinischer Behandlungspflege, d.h., die ständige Anwesenheit einer geeigneten Pflegefachkraft zur individuellen Kontrolle u. Einsatzbereitschaft im gesamten Verordnungszeitraum ist erforderlich.
  • Ein Anspruch besteht nur, wenn Versicherte AKI nicht selbst durchführen können.
  • Gesundheitliche Eigenkompetenz, Eigenverantwortungsbereich der Versicherten und besondere Belange von Kindern und Jugendlichen sind zu berücksichtigen.
  • Die Versorgung durch An- und Zugehörige soll ermöglicht werden.

Die AKI ist an folgenden Orten möglich:

  • in vollstationären Pflegeeinrichtungen
  • in vollstationären Einrichtungen der Behindertenhilfe
  • in Wohneinheiten im Sinne des § 132l Abs. 5 Nr. 1 SGBV, sogen. Beatmungs-WGs
  • im Haushalt der Versicherten oder der Familie oder an sonst. geeigneten Orten – in betreuten Wohnformen, Schulen, Kitas und in Werkstätten für Menschen

Ziele (§ 2)

Neben der Erhaltung, der Förderung und Verbesserung der Patienten- und Versorgungssicherheit ist die Verbesserung der Lebensqualität - bezogen auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität im Rahmen des Leistungsumfangs der Krankenkassen - ein wesentliches Ziel.

Weitere (individuelle, patientenzentrierte) Therapieziele sind u. a.:

  • Sicherstellung der Vitalfunktionen
  • Funktionsbeeinträchtigungen verbessern sowie Vermeidung von lebensbedrohlichen Komplikationen
  • Optimale und individuelle Hinführung zur Dekanülierung, zur Entwöhnung von der invasiven Beatmung oder Umstellung auf eine nicht-invasive Beatmung
  • Perspektivisches Potenzial (z. B. zur Dekanülierung oder Beatmungsentwöhnung) soll stabilisiert bzw. verbessert werden

Leistungsumfang (§ 3)

  • Permanente Interventionsbereitschaft, Anwesenheit und Leistungserbringung durch geeignete Pflegefachkraft über den gesamten Versorgungszeitraum zur Erbringung medizinischer Behandlungspflege
  • pflegerische und medikamentöse Behandlungsmaßnahmen
  • Sicherstellung der Vitalfunktionen, lebensbedrohliche Komplikationen vermeiden bzw. frühzeitig erkennen
  • Bei Bedarf können auch Heilmittel wie Schluck- und Atemtherapie und/oder notwendige Hilfsmittel verordnet werden

Potenzialerhebung (§ 5)

Bei beatmeten oder trachealkanülierten Versicherten erfolgt vor jeder Verordnung jeweils individuell eine Potenzialerhebung.

Dabei wird insbesondere Folgendes erhoben und dokumentiert:

  • das Potenzial zur Reduzierung der Beatmungszeit bis hin zur vollständigen Beatmungsentwöhnung (Weaning),
  • das Potenzial für eine Umstellung auf eine nicht-invasive Beatmung,
  • das Potenzial zur Entfernung der Trachealkanüle (Dekanülierung),
  • beziehungsweise die Möglichkeiten der Therapieoptimierung sowie die jeweils zur Umsetzung notwendigen Maßnahmen.

Für den Fall, dass die Beatmung / Trachealkanüle dauerhaft indiziert oder eine Dekanülierung oder Entwöhnung zum Zeitpunkt der Erhebung nicht möglich oder absehbar ist, sind die konkreten Gründe zu dokumentieren. Nur sofern keine Aussicht auf eine nachhaltige Besserung besteht und eine Dekanülierung oder Entwöhnung dauerhaft nicht möglich ist, sind Ausnahmen von der regelmäßigen Potenzialerhebung möglich.

Die Dokumentation des Ergebnisses erfolgt auf Formular 62A „Ergebnis der Erhebung des Beatmungsentwöhnungs- bzw. Dekanülierungspotenzials gemäß AKI-Richtlinie des G-BA".

Qualifikation der potenzialerhebenden Ärzte (§ 8)

Sowohl zur Verordnung als auch Potenzialerhebung ist eine besondere ärztliche Qualifikation erforderlich. Ärzte in Praxen und Krankenhäusern, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, sind zur Potentialerhebung berechtigt - diese nehmen zu diesem Zweck an der vertragsärztlichen Versorgung teil und müssen dazu bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung eine Genehmigung (s.u.) einholen.

Zur Potenzialerhebung berechtigt sind:

  1. Fachärzte/‐innen mit Zusatzbezeichnung Intensivmedizin,
  2. Fachärzte/‐innen für Innere Medizin und Pneumologie,
  3. Fachärzte/‐innen für Anästhesiologie mit mindestens 6‐monatiger einschlägiger Tätigkeit in einer spezialisierten Beatmungsentwöhnungs‐Einheit,
  4. Fachärzte/‐innen für Innere Medizin, Chirurgie, Neurochirurgie, Neurologie oder Kinder‐ und Jugendmedizin mit mindestens 12‐monatiger einschlägiger Tätigkeit in einer Beatmungsentwöhnungs‐Einheit

oder

  1. weitere Fachärzte/‐innen mit mindestens 18‐monatiger einschlägiger Tätigkeit in einer spezialisierten Beatmungsentwöhnungs‐Einheit.
  2. Zur Erhebung des Potenzials zur Entfernung der Trachealkanüle bei nicht beatmeten Versicherten sind auch Fachärzte/‐innen mit mindestens 18‐monatiger einschlägiger Tätigkeit in einer stationären Einheit der neurologisch‐neurochirurgischen Frührehabilitation berechtigt.

Im Rahmen des Entlassmanagements:

  1. Fachärzte/-innen mit der Zusatzbezeichnung Intensivmedizin,
  2. Fachärzte/-innen mit mindestens 3-jähriger Erfahrung in einer Beatmungsentwöhnungs-Einheit

Die Befugnis zur Potenzialerhebung bedarf einer Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg. Dazu setzen Sie sich bitte mit der Abteilung Genehmigung ( genehmigung@kvhh.de ) in Verbindung

Qualifikation der verordnenden Ärzte (§ 9)

Zur Verordnung (auf der Grundlage einer Potenzialerhebung) sind berechtigt:

  1. Fachärzte/‐innen mit Zusatzbezeichnung Intensivmedizin,
  2. Fachärzte/‐innen für Innere Medizin und Pneumologie,
  3. Fachärzte/‐innen für Anästhesiologie,
  4. Fachärzte/‐innen für Neurologie,
  5. Fachärzte/‐innen für Kinder‐ und Jugendmedizin,
  6. Hausärzte/‐innen, wenn sie über Kompetenzen im Umgang mit beatmeten oder trachealkanülierten Versicherten verfügen.

    Die Befugnis zur Verordnung für Hausärztinnen und Hausärzte sowie hausärztlichen Internisten bedarf der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung.
    Dazu setzen Sie sich bitte mit der Abteilung Genehmigung ( genehmigung@kvhh.de ) in Verbindung.

    Die Genehmigung ist auf Antrag zu erteilen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind oder die Absicht erklärt wird, sich diese innerhalb von sechs Monaten anzueignen und nachzuweisen Die KBV plant, hierfür eine CME-zertifizierte Onlinefortbildung zur Verfügung zu stellen. Den entsprechenden Link werden wir voraussichtlich Mitte Januar 2023 an dieser Stelle Online zur Verfügung stellen.

Bei Versicherten, die weder beatmungspflichtig noch trachealkanüliert sind, erfolgt die Verordnung durch Fachärzte/-innen, die auf die außerklinische Intensivpflege auslösende Erkrankung spezialisiert sind.

Ärzte können sowohl zur Potenzialerhebung als auch zur Verordnung qualifiziert sein. Wenn festgestellt wird, dass bei jemandem voraussichtlich langfristig kein Beatmungsentwöhnungs‐ / Dekanülierungspotenzial besteht und die regelmäßige Potenzialerhebung damit nicht notwendig wird, gilt ein Vier-Augen-Prinzip. Wer dann das Potenzial erhebt, kann nicht gleichzeitig die Verordnung ausstellen.

Formular 62B ist für die Verordnung zu verwenden und Formular 62C für den Behandlungsplan, der jeder Verordnung beizulegen ist.

Zusammenarbeit (§ 12)

Der Stellenwert einer guten Kooperation und Koordination zur Sicherstellung der Versorgungskontinuität ist aufgrund der Komplexität der Erkrankungen und Behandlungs-verläufe in der außerklinischen Intensivpflege besonders hoch.

So sollen die ärztlich an der außerklinischen Versorgung Beteiligten und weitere Angehörige von Gesundheitsfachberufen (z. B. geeignete Pflegefachkräfte, Logopäden, Ergo‐ und Physiotherapeuten, Hilfsmittelversorger, Atmungstherapeuten) in einem Netzwerk eng zusammenarbeiten.

Ärzte, die außerklinische Intensivpflege verordnen, tragen die Verantwortung für die Koordination der medizinischen Behandlung der Versicherten einschließlich der rechtzeitigen Einleitung des Verfahrens zur Potenzialerhebung.

Krankenkassen sind mit in die Versorgung einzubeziehen. Sie sollen insbesondere dahingehend unterstützend mitwirken, im Falle einer anstehenden Entwöhnung geeignete stationäre Einrichtungen mit verfügbaren Versorgungskapazitäten zu benennen.

Vergütung

Zum Start der gesetzlich neu geregelten außerklinischen Intensivpflege haben die Kassenärztliche Bundesvereinigung  und der GKV-Spitzenverband jetzt die entsprechende Vergütung vereinbart. Dazu werden mehrere neue Leistungen in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) aufgenommen.

Insgesamt enthält der neue Abschnitt 37.7 des EBM neun neue Gebührenordnungspositionen (GOP), die zum 1. Dezember 2022 beziehungsweise 1. Januar 2023 aufgenommen und extrabudgetär vergütet werden.

 

Neue Leistungen ab 01.12.2022 im Überblick 

GOPBeschreibungBewertung*Hinweise
Ab 1. Dezember 2022 im EBM
37700 ErhebungPotenzialerhebung (gemäß § 5 der AKI-RL) auf Formular 62A257 Pkt. / 29,43 €Einmal im Behandlungsfall
37701 Zeitzuschlag zur Erhebung bei BesuchZuschlag zur GOP 37700 bei Durchführung der Erhebung im Rahmen eines Besuchs nach GOP 01410 oder 01413128 Pkt. / 14,66 €Je weitere vollendete 10 Minuten, höchstens dreimal im Behandlungsfall
37704 Zuschlag SchluckendoskopieZuschlag zur GOP 37700 für Schluckendoskopie294 Pkt. / 33,66 € 
37705 Zuschlag Säurebasenhaushalt / BlutgasanalyseZuschlag zur GOP 37700 für Bestimmung des Säurebasenhaushalts und Blutgasanalyse84 Pkt. / 9,62 € 
GOP 37706 Grundpauschale für Krankenhäuser und PrivatärzteGrundpauschale im Zusammenhang mit der GOP 37700 für Ärzte und Krankenhäuser gemäß § 5 Absatz 2 Satz 2 der AKI-Richtlinie159 Pkt. / 18,20 €Einmal im Behandlungsfall
GOP 37714 KonsiliartätigkeitPauschale für die konsiliarische Erörterung und Beurteilung medizinischer Fragestellungen durch einen konsiliarisch tätigen Arzt106  Pkt. / 12,14 €Einmal im Behandlungsfall
Ab 1. Januar 2023 im EBM
37710Verordnung auf Formular 62B und Behandlungsplan auf Formular 62C167 Pkt. / 19,10 €Höchstens dreimal im Krankheitsfall
37711Zuschlag zur Versichertenpauschale oder Grundpauschale für den die außerklinische Intensivpflege koordinierenden Vertragsarzt (gem. §12 Abs. 1 der AKI-RL)275 Pkt. / 31,60€Einmal im Behandlungsfall
37720Fallkonferenz gem. §12 Abs. 2 der AKI-RL86 Pkt. / 9,88 €Höchstens achtmal im Krankheitsfall

*0,114494 € (Hamburger Punktwert 2022)  / *Hamburger Punktwert 2023 folgt 

Weitere inhaltliche Fragen beantwortet Ihnen gerne die 

Abteilung Verordnung und Beratung  
verordnung@kvhh.de 
Tel. 040 22802 – 571/572