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22.07.2011

Zugesagte Regionalisierung findet nicht mehr statt!

Gemeinsame Presseinformation der Kassenärztlichen Vereinigungen Baden-Württemberg, Bayerns, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-
Vorpommern und Schleswig-Holstein zum Regierungsentwurf des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes:

 

Der kürzlich vorgelegte Regierungsentwurf des geplanten GKV-Versorgungsstrukturgesetzes (GKV-VStrG) unterscheidet sich im Vergleich zu vorangegangenen Versionen insbesondere in den Passagen zu der seitens der Politik versprochenen Re-Regionalisierung der Kompetenzen
zur Honorarverhandlung und -verteilung maßgeblich. Darauf wiesen die Vorstände der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) aus Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein heute gemeinsam hin. Mit den jüngsten Änderungen des Entwurfs zum GKV-Versorgungsstrukturgesetz finde die zugesagte Regionalisierung nicht mehr statt. Stattdessen werde die zentralistische, dirigistische Gesundheitspolitik, die in den vergangenen Jahren zu erheblichen Problemen in den Regionen geführt habe,zementiert und weiter fortgeschrieben.

Die Vorstände der sechs KVen forderten den Gesetzgeber auf, die versprochene Regionalisierung unmissverständlich ins Gesetz zu schreiben und den Regionen wieder die Entscheidungs- und Handlungskompetenzen zurückzugeben, die sie brauchen, um eine hochwertige ambulante Versorgung flächendeckend und wohnortnah heute und für die Zukunft gestalten zu können.

Konkret geht es um die gesetzgeberische Gestaltung der Paragraphen 87a und 87b des Fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V). So wird in § 87b Absatz 4 neuerlich eine nahezu unbegrenzte Vorgabenkompetenz der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hinsichtlich der regionalen Honorarverteilung festgeschrieben. Diese KBV-Vorgaben wären von den Länder-KVen zwingend zu befolgen. Der aktuelle Gesetzesentwurf schreibt zudem dem Bewertungsausschuss weitreichende Kompetenzen zu. So ist in § 87a Absatz 2 Satz 4 festgelegt, dass dieser bundesweit einheitliche Vorgaben zur Definition von besonders förderungswürdigen Leistungen machen kann. Die individuellen Spezifika einzelner Regionen wie beispielsweise besondere ambulante Leistungsangebote blieben damit unberücksichtigt."

Der Berliner Einheitsbrei der letzten Jahre hat zu großen Verwerfungen in Baden-Württemberg geführt. Das Chaos in der Honorarpolitik, die daraus resultierende fehlende Planungssicherheit verjagt den ärztlichen Nachwuchs. Nur regionale Planung ermöglicht es uns, Lösungen für die spezifischen Herausforderungen in der Versorgung gemeinsam mit den Verhandlungspartnern bei den Krankenkassen zu finden. Wer das verhindert, führt den Föderalismus ad absurdum und nimmt den fleißigen Baden-Württembergern das an Versorgung, was sie sich erarbeitet haben“, so der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, Dr. Norbert Metke. Passgenaue Lösungen für aktuelle und künftige Herausforderungen in der ambulanten Versorgung könnten nur vor Ort entwickelt und umgesetzt werden.Mit der jetzigen Fassung des Gesetzes würde die Länderebene jedoch wiederum geschwächt.

Auch der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) zeigte sich enttäuscht über die jüngsten Änderungen des Gesetzesentwurfs: „In den vorangegangenen Entwürfen waren – dank der großen Anstrengungen insbesondere der bayerischen Politiker – gute Ansätze zur dringend notwendigen Re-Regionalisierung enthalten, die wir ausdrücklich begrüßt und unterstützt hatten. Es ist völlig unverständlich, warum diese Zusagen nun auf bundespolitischer Ebene wieder zurückgenommen werden. Der neueste Gesetzesentwurf ist ein großer Schritt zurück in Richtung einer erfolglosen weil zentralistischen Gesundheitspolitik“, so der Vorstandsvorsitzende der KVB, Dr. Wolfgang Krombholz.

„Die regional gewachsenen, qualitativ hochwertigen Versorgungsstrukturen können vor Ort nur erhalten werden, wenn wir auf Länderebene zwischen Krankenkassen und KVen individuelle Regelungen vereinbaren können“, bekräftigte Dr. Frank-Rüdiger Zimmeck, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen.

Auch die Nord-KVen sind sich einig, dass die jetzt geplante Rücknahme der Regionalisierung absolut inakzeptabel ist. „Der Berliner Einheitskurs führt in eine Sackgasse – zum Schaden für die niedergelassenen Ärzte und ihrer Patienten“, so Dieter Bollmann, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg und Dr. Ingeborg Kreuz, Vorstandvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein.

Und Dr. Wolfgang Eckert, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern, ergänzte: „Schon heute leiden die Ärzte unter Überregulierung und Überbürokratisierung. Wettbewerb und Innovation in der Patientenversorgung werden gebremst. Auch die wieder geforderte Konvergenz sollte aus wettbewerblichen Gründen ausschließlich in regionalen Verhandlungen vor Ort thematisiert werden.“

Die Vorstände der KVen forderten darum die Bundespolitik auf, die jüngsten Änderungen des Gesetzesentwurfs wieder rückgängig zu machen und die zugesagte Regionalisierung in der Gestaltung der ambulanten Versorgung wirklich mit Leben zu erfüllen. Der gesundheitspolitische Zick-Zack-Kurs auf Bundesebene verunsichere die niedergelassenen Ärzte und trage seinen Teil dazu bei, dass sich immer weniger Mediziner für eine Niederlassung in eigener Praxis entschieden. Die Zeit sei nun reif für eine Stärkung der Regionen. Nur so lasse sich die qualitativ hochwertige ambulante Versorgung auch in Zukunft flächendeckend wohnortnah sicherstellen.



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